Wie schon vor einiger Zeit vermeldet, ist am 23. Mai mein Mitautor Bernd Greber nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Bernd war für mich allerdings viel mehr als der Mitstreiter bei einem Roman, sondern in den vergangenen zweieinhalb Jahren zu einem guten Freund für mich geworden, weshalb mich sein Tod auf vielerlei Weise getroffen hat. Im folgenden Nachruf erinnere ich mich auf persönliche Weise an Bernd und das, was uns verbunden hat.
Seit Frühjahr 2016 bin ich regelmäßiger Gast des Buch-Cafés in der Fußgängerzone von Herzogenaurach, das Bernd aufgebaut und bis zu seiner Krankheit persönlich betrieben hat. Als Ergänzung zum „normalen“ Buchladen Bücher, Medien & Mehr seiner Ehefrau Stefanie bot er dort neben Kaffee, Tee und kulinarischen Köstlichkeiten Bücher an, die ihm besonders am Herzen lagen. In der Stadt wurde das Café schnell bekannt und war sehr mit seiner Person verbunden, nicht nur als Treff- und Einkaufpunkt, sondern auch aufgrund des kulturellen Angebots, das sich im Zuge regelmäßiger Veranstaltungen bis heute dort findet. Neben Lesungen lokaler und überregionaler Autoren kommen dort gerne gesellschaftliche und politische Gruppen zu Planungstreffen oder Pressegesprächen zusammen, zudem dreht das Lokalfernsehen regelmäßig verschiedene Sendungen dort. Selbst der aus Herzogenaurach stammende Lothar Matthäus fand sich zu einem Interview mit Sat1 im Buch-Café ein.
Neben Bernds Passion, dem Kochen, und der reichhaltigen Auswahl an begleitender Literatur, die er im Buch-Café anbot, findet sich dort auch das Phantastikregal, das natürlich von Anfang an meine Blicke auf sich zog. Ich habe es noch genau vor Augen: Als wir uns noch nicht kannten, drehte sich eines unserer ersten Gespräche um Bernhard Hennen und Robert Corvus und deren Neustart der Phileasson-Saga, die gerade in den Handel gekommen war.
Im Buch-Café konnte man sich also wohlfühlen, und in der Folge kam ich regelmäßig dorthin, arbeitete an Romankonzepten und Kurzgeschichten, überarbeitete u.a. Lübecker Rache , verfasste diverse Artikel für die Geek! und tauschte mich regelmäßig mit Bernd über die Buchwelt, gemeinsame Lieblingsautoren wie Patrick Rothfuss oder Scott Lynch oder auch Serienumsetzungen wie Game of Thrones aus, so dass aus der Kunden-Händler-Beziehung bald eine Freundschaft wurde, da wir auch in anderen Bereichen, wie z.B. dem Musikgeschmack, viele Gemeinsamkeiten hatten.
Bernd interessierte und begeisterte sich für so viele Dinge, dass hier schlichtweg der Raum fehlt, um diesen gerecht zu werden. Ich selbst kannte lediglich einen Ausschnitt aus seinem Leben und war beeindruckt, was mir seine Frau Stefanie alles erzählte, als ich mich für die Trauerrede vorbereitete, die ich die Ehre hatte, für ihn halten zu dürfen. Als gelernter Buchhändler ging Bernd für mehr als ein Jahrzehnt in die IT, und er half beim Aufbau von Linux/Suse, bevor es ihn dann später wieder in den Buchhandel zog. Er war passionierter Koch, Mitglied der Wrestling-Schule von Alex Wright in Heßdorf, tauchte leidenschaftlich gerne, war Tanzlehrer, konnte sich aber auch beim Bauen von Lego-Architect-Modellen verlieren oder sich stundenlang über die phantastischen Welten von Tolkien, Williams oder Heitz unterhalten.
Irgendwann ist nie
Bernds Offenheit, sein Wissensdurst, sein Interesse an vielen Dingen und in meinem Fall v.a. an der Buch/Verlagswelt rissen mit und steckten an, was nicht nur seine Familie und Freunde an ihm schätzten, sondern sich auch bei den Kunden und Gästen des Cafés herumsprach.
In der relativ kurzen Zeit, die wir uns kannten, haben wir einiges zusammen auf die Beine gestellt, wenngleich viele Pläne nun nicht mehr gemeinsam verwirklicht werden können.
Bernd fand es sehr spannend, das Buchgeschäft, das er ja nur aus Händlersicht kannte, auch einmal aus einer anderen Perspektive mitzuerleben. Im Herbst 2016 lud ich ihn ein, mit mir einen Tag auf der Frankfurter Buchmesse zu verbringen, und diese einmal aus Autorenperspektive kennenzulernen. Obwohl er schon oft dort gewesen war, freute er sich wie ein kleines Kind, einige deutsche Phantastikautoren persönlich kennenzulernen und den Abend auf der Party von Droemer Knaur/Fischer TOR inmitten dieses Kreises zu verbringen.
Nachdem die Premierenlesung von Lübecker Rache im Bücher, Medien & Mehr ohnehin schon terminiert war, planten wir, im darauffolgenden Jahr regelmäßig Fantasy-Autoren für Lesungen in Herzi einzuladen. Den Auftakt bestritt ich mit Judith&Christian Vogt, und Bernd freute sich sichtlich, seinen Kunden mit unserem Phantastik-Portfolio einen Rundumschlag aus seinem Lieblingsgenre präsentieren zu können. Leider war dies die letzte Lesung, die er persönlich betreuen konnte. Als mit Markus Heitz einer seiner Lieblingsautoren im April 2017 sein neues Buch in Herzogenaurach vorstellte, was Bernd zuvor in die Wege geleitet und sich damit einen kleinen Traum erfüllt hatte, ging es ihm bereits so schlecht, dass er leider nicht persönlich anwesend sein konnte.
„Dann eben nächstes Jahr!“, sagte er, und trotz der harten Therapie fasste er neue Pläne, um nach dem Sieg über den „fucking Krebs“ wieder anzugreifen. Er hatte nicht vor, sich von der Krankheit alles kaputtmachen zu lassen, und verlor trotz zwischenzeitlich sehr schwieriger Phasen nie seine Zuversicht und seinen Lebensmut.
Von der Schnapsidee zum Roman
Parallel zu seiner Therapie arbeiteten wir an unserem Regionalkrimi, der aus einer Schnapsidee im Buch-Café heraus entstanden war. Eigentlich überhaupt nicht unser Genre, sinnierten wir über einen möglichen Plot in Herzogenaurach, und wie sich ein Buch, das wir dort ansiedeln würden, von dem üblichen Schema des Regiokrimis unterscheiden würde. Als Emons auf der FBM16 sagte, dass man sich so etwas durchaus vorstellen könnte, gingen wir an die nunmehr ernsthafte Planung des Plots, u.a. bei einigen Arbeitsessen bei Metal und Burgern im Ratskeller (während seiner eigenen Ladenöffnungszeiten durfte Bernd ja keine Musik spielen, aber nach Ladenschluss knallte dann gerne die Vulgar Display of Power von Pantera durch das Café – zufälliger- oder passenderweise eines der prägendsten Alben meiner Jugend …).
Doch Bernds Gesundheitszustand schwankte, und leider saß ich meist alleine im Buch-Café und arbeitete am Roman, während er regelmäßig Updates erhielt, die Texte Korrektur las und ergänzte. Die ikonische Frau Batz aus Tod an der Aurach erhielt dabei unter anderem ihren typischen Dialekt. „Die ist aus Bruck und redet wie meine Oma!“, hatte Bernd beschlossen. Trotz vieler anderer skurriler Figuren im Roman ist Frau Batz unser ganz spezieller Liebling.
Zu Beginn dieses Jahres sah es so aus, als sei eine Genesung in Sicht: Wir machten den Roman vor Ort publik und planten eine Handvoll Lesungen. Im März verschlechterte sich sein Gesundheitszustand allerdings, und bald war absehbar, dass unsere Pläne nicht mehr realisierbar sein würden. Es ging um Leben und Tod, und wenngleich das Buch ihm Kraft gab, rückte es zunehmend in den Hintergrund.
Bernds Kindheitstraum wurde aber noch kurz vor seinem Tod wahr: Im Krankenhaus hielt er das Buch mit seinem Namen darauf stolz in den Händen und freute sich über die positiven Rückmeldungen der ersten Leser/innen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass er das noch erleben konnte.
Bernd hat seine Zeit genutzt, seine Leben gelebt, seine Chancen dann ergriffen, wenn sie sich ihm boten. Dennoch blieb ihm für vieles keine Zeit mehr – wie immer hatte er noch viel vor: Seinen Tauchschein machen, mit dem Motorrad auf die Route 66, die Welt anschauen, seine Tochter groß werden sehen und sie auf ihrem Weg begleiten, sein zweites Buch schreiben, und so vieles mehr. Das alles ist ihm nun nicht mehr vergönnt.
Seine Hartnäckigkeit, Mut, Tapferkeit, seine Bereitschaft bis zum Ende zu kämpfen, hat Bernd in seinem letzten Lebensjahr bis zur letzten Minute nicht aufhören lassen, daran festzuhalten, dass er den „fucking“ Krebs überlebt. Seine fast übermenschliche Größe im Verlieren macht uns sprachlos, und alle, die ihn kannten, sind erschüttert, dass er seinen letzten Kampf verloren hat.
Du wirst sehr fehlen, mein Freund!